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Ist Boxen Körperverletzung?

Vor wenigen Tagen wurde das Urteil gegen den Profiboxer Felix Sturm am Landgericht Köln gesprochen. Das Gericht verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von drei Jahren, da es den Tatbestand der Steuerhinterziehung und der versuchten Steuerhinterziehung in mehreren Fällen als nachgewiesen erachtete.

Dies ist an sich nichts Ungewöhnliches. Das Spannende an dem Urteil ist jedoch, dass der Angeklagte auch wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt wurde. Das Gericht wertete das Bestreiten seines WM-Kampfes gegen Fjodor Tschudinow am 20.02.2016 als Körperverletzung. Es sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte den Kampf unter Einsatz des anabolen Steroids „Stanozolol“ bestritten hat. Neben einem Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetzes, stellt dies nach Auffassung des Landgerichts eine Körperverletzung an seinem Gegner dar.

Grundsätzlich erfüllen Schläge im Rahmen eines Boxkampfes immer den Tatbestand des § 223 StGB, also der Körperverletzung. Dies führt jedoch deshalb nicht zu einer Strafbarkeit, da das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit disponibel ist. Das bedeutet man kann in eine Körperverletzung, welche an einem selbst begangen werden soll, einwilligen. Nach § 228 StGB ist eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.

Heftig umstritten ist in diesem Zusammenhang die Strafbarkeit von sogenannten „Drittortauseinandersetzung“ zwischen rivalisierenden (Hooligan-)Gruppen. Mangels konkreter Gefahr von schweren Gesundheitsschädigungen, haben einige Gerichte eine Sittenwidrigkeit und damit eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung verneint. Dies wurde sogar von Landgerichten im konservativen Süden (LG Stuttgart, LG München) so entschieden. Andere Gerichte – und darunter unter anderem auch der BGH – haben dahingegen eine Sittenwidrigkeit bejaht, da eine besondere abstrakte Gefährlichkeit vorliegt, welche sich aus der Eskalationsgefahr bei solchen Gruppenschlägereien ergibt.

Bei Boxkämpfen existiert eine solche Gefährlichkeit jedoch nicht. Es gibt klare Regeln und ein Ringrichter überwacht die Einhaltung derselbigen. Anders jedoch im Fall Felix Sturm. Die Einwilligung bei Boxkämpen setzt nach Ansicht des Landgericht Köln voraus, dass der Gegner weiß, mit wem er es zu tun hat. Die Einwilligung bezieht sich jeweils nur auf die tatsächlichen körperlichen Fähigkeiten des Gegners. Eine unerlaubte Leistungssteigerung, welche beispielsweise zu höherer Schlagkraft oder erhöhter Schnelligkeit des Gegners führt, ist nicht mehr von der Einwilligung in die Körperverletzung durch den sportlichen Wettkampf gedeckt. Da der Gegner von Felix Sturm vom Doping nichts gewusst hat, hat er auch nicht in die Verletzung durch den gedopten Boxer eingewilligt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verurteilte könnte dieses mit der Revision angreifen. Dann müsste der Bundesgerichtshof die durchaus spannende Frage klären, ob sich ein gedopter Boxer wegen Körperverletzung strafbar macht.

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